Allen Rügen und Beschwerden zum Trotz: BR lässt Veronika Wawatschek weiter gegen Christen agitieren

Der Bayerische Rundfunk (BR) hat einen weiteren Beitrag der freien Autorin Veronika Wawatschek über „Christen am rechten Rand“ veröffentlicht. Der im Internetangebot des Senders unter dem Titel „Gottes Rechte“ am 16.10.2016 erschienene Artikel rückt abermals gläubige Christen und ihre Wertvorstellungen in die Nähe von Gewaltbereitschaft und Rechtsextremismus. Er enthält auch wortgleiche Teile der vom BR-Rundfunkrat gerügten BR2-Sendung der selben Autorin: „APO von christlich rechts“ vom 19.2.2015.

Die damals beanstandeten „handwerklichen Mängel“ kennzeichnen auch den publizierten neuen Beitrag. Dass dieses Konglomerat von Andeutungen, Anwürfen und Verdächtigungen in der Rubrik „Nachrichten“ veröffentlicht wird, wirft kein gutes Licht auf die Qualitätskontrolle im Bayerischen Rundfunk und stellt eine Missachtung, der seinerzeitigen Beanstandungen des Rundfunkrates und der Programmrichtlinien des Bayerischen Rundfunks dar.

Schon 2015 hatte der Rundfunkrat gerügt, dass Veronika Wawatschek „eine zu große Bandbreite an Standpunkten unterschiedlicher Personen und Gruppierungen“ ausgebreitet hatte, „ohne … hinreichend deutlich zu machen … ob sie miteinander in Verbindung stehen“. Trotzdem rührt die Autorin auch diesmal wieder Pegida, Skinheads, Lebensschützer, „ultrakonservative“ Katholiken und Protestanten, kleine christliche Parteien, die AfD, Verteidiger von Familienwerten und den unerlaubt geweihten Bischof Williamson, der den Holocaust für eine Erfindung hält, zu einer übelriechenden braunen Soße zusammen. Als dünnen Soßenbinder verwendet sie aber nicht „Fakten, Fakten, Fakten“, wie es journalistischem Handwerk entspräche, sondern bloß ihre eigene Verschwörungstheorie, es „braue sich etwas zusammen am christlich-rechten Rand“.

Die rechten Christen, schreibt sie, seien durch die PEGIDA-Bewegung „ins Visier der Öffentlichkeit geraten“. Als Beleg dienen ihr vereinzelte Kundgebungsteilnehmer mit schwarz-rot-goldenem Kreuz. Aber was hatten sie mit Lebensschutz und Familienorganisationen oder sonst einer der von Wawatschek inkriminierten Gruppen zu tun? Waren diese denn ihrerseits bei PEGIDA dabei?

Die Eingangsbemerkung, es gehe „nicht vorrangig“ um „Glatzen und Springerstiefel in Kirchenbänken“ – wo hat sie dergleichen wohl gesehen? – und „bislang“ rüsteten die Rechtsaußen-Christen „nur verbal zum Kampf“ deutet an, dass die „ultrakonservativen“ Katholiken und Protestanten, die Wawatschek ins Visier nimmt, auf dem Wege zur Gewalttätigkeit sind. Diesen ungeheuerlichen Verdacht untermauert die Journalistin durch keinen einzigen Beleg, durch keine Äußerung, durch kein beobachtetes oder berichtetes Ereignis. Verwunderlich ist das nicht, hebt die Autorin doch als Charakteristikum der „Ultrakonservativen“ hervor, diese wollten „biblische Werte schützen“. Wollen das nicht alle Christen? Gehört zu diesen Werten nicht das Gebot der Feindesliebe?

Man möchte Frau Wawatschek empfehlen, einmal am „Marsch für das Leben“ oder an einer „Demo für alle“ teilzunehmen, um sich ein Bild davon zu machen, daß die Polizisten dort ausschließlich damit beschäftigt sind die friedlich demonstrierenden christlichen Familien vor aggressiven Gegendemonstranten und teilweise bewaffneten und gewaltbereiten Störern zu schützen.

„Bei genauerem Hinsehen“ will die Autorin das Entstehen einer gewaltbereiten „rechten“ Christenszene feststellen. Dieses „genauere Hinsehen“ wäre der Kollegin schon aus Gründen der journalistischen Berufsehre zu empfehlen. Dann hätte sie vielleicht festgestellt, wie fern jeglicher Antisemitismus gerade denjenigen Christen liegt, die sich für Lebensschutz, Ehe und Familie einsetzen. Ausgerechnet für die von Wawatschek ausdrücklich in diesem Zusammenhang genannte, gar nicht mehr existierende, „Partei Bibeltreuer Christen“ war die Solidarität mit Israel eines der wichtigsten Anliegen. Wie ist es möglich, dass eine Redaktion, die diesen Beitrag genehmigt hat, es zulässt, den schweren Vorwurf des Antisemitismus zu erheben, ohne auch nur einzigen Beleg dafür anzuführen.

Was hat Bischof Williamson mit deutschen Lebensschützern zu tun? Wer hätte sich unter christlichen Aktivisten für den Schutz des Lebens oder für die traditionelle Familie je auf ihn berufen? Wenn die Autorin ausgerechnet den Einsatz für das Leben mit der Leugnung der Morde an Juden in eine Reihe stellt, wiederholt sie, was der BR-Programmbeirat an ihrem früheren Beitrag gerügt hatte, dass nämlich „bisweilen der Eindruck entstehen“ kann, „die vorgetragenen Standpunkte seien an sich und unterschiedslos schädlich für eine freiheitlich-demokratische Ordnung“.
Ferner gehört Bischof Williamson lediglich einer kleinen religiösen Gemeinschaft an und ist selbst innerhalb dieser äußerst umstritten. Ihn ins Feld zu führen legt die Vermutung nahe, daß es Frau Wawatschek an wirklich repräsentativen Personen fehlt, mittels derer sie ihre Unterstellungen belegen könnte.

Doch die „rechten Christen“ sind ja nach Ansicht dieser Journalistin Wölfe im Schafspelz. „Ihren Worten zufolge“ widmen sie sich etwa dem „Schutz des Lebens“ oder dem „Schutz von Ehe und Familie“, aber dahinter verbergen sie ihre wahren Absichten: „Nicht selten“ sind sie tatsächlich „radikal“ gegen Abtreibung – wie es die große Mehrheit christlicher Kirchen und Gemeinschaften lehrt – und noch etwas verbergen sie: „Homophobie“ und „ausgewiesene Islamfeindschaft“. Frau Wawatschek bringt keinerlei Beleg für diese Behauptung.

Einseitige „Experten“

Statt eigener Beobachtungen, schriftlicher Belege oder sonst recherchierter Fakten zitiert sie immer dieselben „Experten“. So die Juristin Liane Bednarz, die allerdings auch keine belastbaren Erkenntnisse liefert, die Wawatscheks These stützen.

Schließlich will der Bielefelder Sozialpsychologe Andreas Zick, von der Autorin als „Vorurteilsforscher“ vorgestellt, ermittelt haben, dass „christlich gebundene Menschen“, die ihre Religion für die wahre halten „in allen Facetten der Menschenfeindlichkeit höhere Zustimmungen haben im Vergleich zu jenen, die sich keiner Konfession zugehörig fühlen.“ Der Leser erfährt nicht, welche Maßstäbe hier angelegt wurden und welche Handlungen oder Ansichten er als menschenfeindlich bewertet. Somit kann sich der Leser keine eigene Meinung über die Behauptungen der Autorin bilden.

Christen stützen Gesellschaft und Staat

Der Beitrag von Frau Wawatschek ist nicht ausgewogen. So fehlen Aspekte wie sie der Bonner Politologen Andreas Püttmann darlegt, der ebenfalls oft wirklichen oder vermeintlichen „Rechtspopulismus“ kirchlicher Kreise anprangert. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk vom 29. Januar 2017 zeigt er auf, „durchgängig alle Umfragen“ belegten, dass die Affinität Konfessionsloser zum Rechtspopulismus deutlich höher sei als bei gläubigen Christen. Die Gründe dafür hätten auch „mit der Religion an sich“ zu tun. Wer nicht religiös beheimatet und geborgen sei, sei „anfälliger für völkisches Denken“. Das Christentum habe auch „eine erzieherische Funktion im moralischen Sinne, … also weg von der Egozentrik, auch von der Gesinnungsegozentrik. Auf die Frage, ob man sagen könne, Christen seien „je frommer, desto rechter“, antwortet Püttmann mit einem klaren „Nein“. Schon in seinem weit verbreiteten Buch „Gesellschaft ohne Gott“ hatte Püttmann anhand empirischer Sozialforschung nachgewiesen, dass kirchennahe Christen im Durchschnitt deutlich gesetzestreuer, toleranter, hilfsbereiter und für fremde Kulturen aufgeschlossener sind als ihre kirchenfernen oder nichtgläubigen Mitbürger.

In der am 4.9.2017 ausgestrahlten ARD-Dokumentation „Kreuz ohne Haken – Die Kirche und die Rechten“ nennt Püttmann einen weiteren Grund, warum Christliches und Völkisches so wenig zusammenpassen: „Neonazis betrachten die Christen irgendwo als Geschwister der Juden. Dann betrachten sie die Kirche auch als schützende Funktion für so genannte ‚minderwertige Menschen‘, die irgendein Handicap haben, die nicht dem Ideal des robusten, siegreichen Mannes entsprechen, sondern sich um das Gebrochene und Schwache kümmern.“ Doch einen so unverdächtigen Experten wie Püttmann zu befragen hätte eben endgültig die Luft aus einem Artikel gelassen, der jedem journalistischen Qualitätsstandard Hohn spricht.

Statt seiner wird die umstrittene Osnabrücker Theologin Angelika Strube zitiert. Sie prangert Internetseiten an, „die sich dezidiert christlich nennen, überwiegend auch zu religiösen Themen veröffentlichen und gleichzeitig ein Scharnier in die politisch rechte Ecke bilden, auch auf politisch rechte Internetmedien verlinken.“ Auch hier wird kein einziges Beispiel genannt.

Kritisierte kommen nicht zu Wort

Dass der BR Frau Wawatschek trotz vieler Programmbeschwerden und trotz der bereits ausgesprochenen Rüge durch den Programmbeirat immer wieder die Möglichkeit gibt, für das Gemeinwohl engagierte christliche Personen und Gruppen substanzlos als potenziell gewaltbereite Extremisten zu verunglimpfen enttäuscht viele Zuschauer und Hörer, die gerade diesen Sender bisher als vergleichsweise seriös, volksnah und zuverlässig angesehen haben. Gerade seine Nachrichtensendungen im Radio und Fernsehen gelten insgesamt als solide und vertrauenswürdig. Wenn er aber derartig einseitige Meinungsbeiträge gegen Christen als „Nachrichten“ verbreitet und fortgesetzte Verstöße gegen seine eigenen Qualitätsgrundsätze keine Konsequenzen haben, wird er dieses Vertrauenskapital schnell verspielen.

In den BR-Programmrichtlinien heißt es: „Die religiösen und weltanschaulichen Meinungen und Überzeugungen anderer werden geachtet“ und „Der Bayerische Rundfunk legt in seiner Berichterstattung Wert auf Toleranz und trägt zur Integration aller gesellschaftlichen Gruppen bei.“ Wenn aber bei derart schweren Vorwürfen gegen gläubige Christen nicht eine einzige Stimme aus diesem Personenkreis gehört und zitiert wird, kann von Achtung vor den gerade in Bayern wichtigen Gruppen engagierter Christen keine Rede sein. Es ist höchste Zeit, die Verantwortlichen zu ermuntern und dabei zu unterstützen, den hohen eigenen Ansprüchen an ein qualitativ hochwertiges Angebot in allen Programmbereichen gerecht zu werden.


Michael Ragg war langjähriger Pressesprecher der Päpstlichen Stiftung „Kirche in Not“. Zuvor und danach arbeitete er in leitenden Funktionen im katholischen Radio und Fernsehen, bei Tageszeitung und Zeitschriften. Er leitet heute die Agentur „Ragg`s Domspatz“, die Kongresse, Podiumsgespräche, Vorträge, Pilgerreisen und andere Veranstaltungen organisiert und moderiert im katholischen Fernsehsender EWTN.


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