Mit entwaffnender Freundlichkeit

Das gesamte Podium, Foto: Andreas Kobs

Das gesamte Podium, Foto: Andreas Kobs

Christen und Lebensrechtler diskutierten auf dem FaireMedien-Podium kontrovers über Medienkampagnen gegen überzeugte Christen und den Fall Markus Hollemann. Moderiert von Michael Ragg sprachen auf einem Münchner Podium die Rechtsanwältin und Publizistin Dr. Liane Bednarz, der Politikwissenschaftler Dr. Andreas Püttmann, der CSU-Politiker und ehemalige Bundestagsabgeordnete Norbert Geis und Thomas Schührer vom Verein Durchblick e.V..

Medienopfer Markus Hollemann

Auf dem Podium herrschte weitgehend Einigkeit darüber, dass der ÖDP-Politiker Markus Hollemann unschuldig zum Opfer medialer Stimmungsmache gegen seine Person geworden ist, die zu Schädigungen seines Rufes und seiner Karriere geführt haben. Thomas Schührer sah auch einen Schaden für die Bürger Münchens, da Hollemann in einem regulären Auswahlverfahren als der am besten geeignete Kandidat unter vielen Bewerbern ausgewählt wurde und die Bürger nun um den Besten für das Amt gebracht worden sind. Das vor allem von der Süddeutschen Zeitung gezeichnete Bild von Markus Hollemann und auch von den Lebensrechtsorganisationen, die er unterstützt, entsprach in keiner Weise der Wirklichkeit, denn der Einsatz für das Lebensrecht ist eine ehrenwerte, grundgesetzkonforme politische Betätigung und Markus Hollemann ist noch nicht einmal ein besonders engagierter Lebensschützer. Auch Dr. Andreas Püttmann kritisierte die massive Reduktion der Personalie Hollemann auf das Lebensrechtsthema und die „fiktive Radikalisierung“ seines Engagements. Er hielt es für falsch, Gehsteigberatung per se schon als „radikal“ zu bezeichnen. Das zweite Vaticanum hatte Abtreibung ein verabscheuungswürdiges Verbrechen genannt. Wenn das schon radikal sei, dann dürfe kein Katholik mehr öffentliche Ämter besetzen, ohne der Lehre der Kirche abzuschwören. Ihn erinnere der Fall Hollemann an den Fall des designierten EU-Kommissars Rocco Buttiglione, der wegen seiner katholischen Auffassungen sein Amt nicht antreten konnte.

Liane Bednarz, die sich persönlich sehr gegen Abtreibung ausspricht, äußerte allerdings die Auffassung, dass jemand, der sich deutlich stärker als Markus Hollemann für das Lebensrecht engagiert, tatsächlich eine schwierige Besetzung für das Amt eines Gesundheitsreferenten sein könne, der auch für die Schwangerschaftsberatung zuständig ist. Dies gelte umgekehrt allerdings auch für einen starken Befürworter der Abtreibung. Dem hielt Schührer die Tatsache entgegen, dass jeder, der ein öffentliches Amt besetzt, sich an Recht und Gesetz halten müsse, unabhängig von seiner persönlichen Auffassung. Hollemann habe dies auch gewollt und mehrfach ausdrücklich bekräftigt. Man hat ihn aber gar nicht danach gefragt, sondern ohne Federlesens den Stab über ihn gebrochen.

Norbert Geis erinnerte daran, dass es die Pflicht einer jeden Schwangerschaftsberatung ist, dem Schutz des Lebens zu dienen und darauf hinzuweisen, dass eine Abtreibung die Tötung eines Kindes darstellt. Wer jemandem wie Hollemann daraus einen Strick drehen wolle, stehe nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes. Geis bedauerte auch, dass die Münchner CSU ihren Kandidaten nicht offensiver verteidigt hat, erklärte dies aber mit politischen Gründen der Koalitionsräson.

Harte Worte fand Geis für die beiden Süddeutsche-Redakteure, die die unfaire Skandalisierung der Personalie Markus Hollemann mit einem Artikel ausgelöst hatten. Sie gehörten nicht in eine Qualitätszeitung wie die Süddeutsche. Die Redaktion solle ihnen das Handwerk legen.

Rauer Ton und christliche Botschaft

Auf dem Podium herrschte ein Konsens, dass der Ton zwischen überzeugten Christen und Lebensrechtlern auf der einen, vielen Medienvertretern auf der anderen Seite in der letzten Zeit deutlich rauer geworden ist. Schührer äußerte die Vermutung, dass die hohe Frequenz der Angriffe auch als Reaktion auf jüngere politische Erfolge der Lebensrechtsbewegung („One of us“, Estrela-Bericht u.a.) zu begreifen sein könnte, denn „einen toten Hund tritt man nicht“. Norbert Geis konstatierte eine grundsätzlich feindliche Haltung bei vielen Medienvertretern gegenüber christlichen und konservativen Positionen, wofür er selbst überzeugende Beispiele aus der eigenen Erfahrung anbringen konnte.

Püttmann und Bednarz sahen allerdings auch eine zunehmende Verrohung des Klimas auf der Seite konservativer Christen, wo Verbalradikalismus und Selbstviktimisierung um sich greife. Auch sie konnten Beispiele aus eigener Erfahrung beisteuern. Püttmann hielt etwa Begriffe wie „Babycaust“ als Bezeichnung für Abtreibung für deplatziert, ebenso den Begriff „Mord“, weil dies undifferenziert einen niederen Beweggrund impliziere. Schührer warb ebenfalls für moderates Auftreten. Er erklärte den rauen Ton vieler Christen auch mit dem Gefühl der Hilflosigkeit und der Enttäuschung aufgrund wahrgenommener Ungerechtigkeiten in der Berichterstattung. Bednarz meinte, ein aggressiver und larmoyanter Ton passe nicht zu Christen. Diese sollten die frohe Botschaft verkünden und sich nicht darüber echauffieren, wenn sie nicht die Mehrheitsmeinung vertreten. Begriffe wie „Mainstream“, „Meinungsdiktatur“ oder „Lügenpresse“ seien eines Christen nicht würdig. Dem entgegnete Norbert Geis, dass Christen schon deutlich ihre Meinung sagen sollten, auch dann, wenn es ihrer Meinung nach Ansätze zu einer Meinungsdiktatur gibt wie im Fall Hollemann.

Demokratie und „Meinungsdiktatur“

Püttmann wandte sich dagegen scharf gegen den Begriff „Meinungsdiktatur“, weil er eine aus seiner Sicht unerträgliche Verähnlichung von Demokratie und Diktatur begünstige. Die tatsächlich nachweisbare Hegemonie linker und nichtchristlicher Meinungen und Haltungen in der öffentlichen Meinung dürfe man nicht dem freiheitlichen System in der Bundesrepublik Deutschland anlasten. Dies habe vielmehr gesellschaftliche Ursachen, und die müssten auch auf gesellschaftlicher Ebene angegangen werden. An dieser Stelle gab es Hinweise auf den Begriff „Schweigespirale“, schweigende Mehrheiten und auf die natürliche Affinität des Journalistenberufes zu linken Denkmustern. Bednarz und Püttmann empfahlen, dass mehr Christen und mehr Konservative den Journalistenberuf ergreifen sollten, um hier zu einer ausgewogeneren Abbildung der tatsächlichen Meinungsverteilung der Bevölkerung in den Medien zu gelangen. Diesen Journalisten empfahl Püttmann, mit „ausstrahlendem Beispiel“ voranzugehen, das Internet als Gegenöffentlichkeit zu nutzen und – statt Gleiches mit Gleichem zu vergelten – besonders große Redlichkeit walten zu lassen. Dem hielt Schührer allerdings entgegen, dass auch für Journalisten mit einer linken Weltsicht bestimmte Regeln des journalistischen Anstands gelten. Auch sie müssten sich „subjektiv um Objektivität bemühen“. Er äußerte Verständnis für unbeabsichtigte journalistische Fehler, die aufgrund von Zeitdruck und den heutigen Arbeitsbedingungen in den Redaktionen entstehen können. Ein Problem habe er aber damit, dass mitunter in Leitmedien bewusst mit falschen Tatsachenbehauptungen Stimmung erzeugt werde.

Einigkeit bestand zuletzt darin, dass in einer Mediendemokratie das freiheitliche System und die Demokratie auch durch den Kampf für Meinungsvielfalt verteidigt werden muss. Thomas Schührer versprach, dies mit der Initiative Faire Medien engagiert zu leisten durch ansprechende, positive Vermittlung von Fakten und Zusammenhängen und ohne Kampfrhetorik. Norbert Geis prägte zum Ausklang einen schönen Begriff für den offenen, aber standsicheren Umgang auch mit solchen Medienvertretern, die christlichen Anliegen skeptisch oder feindlich gegenübertreten: man solle ihnen mit „entwaffnender Freundlichkeit“ begegnen.

Videomitschnitt des Podiums

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Kommentare

Mit entwaffnender Freundlichkeit — 4 Kommentare

  1. Als Christen haben wir es grundsätzlich nicht nötig uns zu verteidigen, weil Gott unser Rächer ist. Doch es geht mittlerweile nicht nur um uns selbst, die Bürger werden betrogen, das Land wird geschädigt. Da sollten wir wirklich mit allen Rechtsmitteln zur Wehr setzen, die vorhanden sind. Bei der wiederholten vorsätzlichen Rufschädigung sollten wir durchaus auch die Mittel des Strafrechts anwenden: Eine Strafanzeige wegen Übler Nachrede (§186 StGB) oder Verleumdung (§187 StGB) kann jeder (bei jeder Poizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft) einlegen, der durch die Berichterstattung dementsprechend betroffen ist. Der Gesetzestext, der auch für Journalisten gilt lautet:
    § 186 Üble Nachrede
    Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche
    denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen
    geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis
    zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich oder durch Verbreiten
    von Schriften (§ 11 Abs. 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder
    mit Geldstrafe bestraft.

  2. bednarz und puettmann sind zwei vetreter exakt der sorte menschen und medienschaffenden, die die schweigespirale durch ihr intolerantes und aggressives auftreten gegen alle andersdenkenden verstaerken. beide werden von interessierter seite als aushängeschilde eines vermeintlich „toleranten“ konservativismus hofiert. ihre artikel, e-books, und meinungsbeitraege strotzen aber von einem derart hartleibigen narzissmus und abgrundtiefen egozentrismus, dass es sich nicht lohnt, auch nur ein wort der beiden auf papier zu bringen. mit einder demokratischen dialogform und ausaeinandersetzung der ideen haben diese beiden intoleranten menschen, die ihre persönliche vita und befinden zum massstab des weltgeschehens deklarieren, nichts am hut. sie moegen geschickt formulieren sind aber in wahrheit brandgefaehrliche demagogen im schafspelz.
    erstaunlich und bedenklich ist, dass herr ragg und herr thomas schuehrer sich auf augenhoehe zu diesen beiden hinabbegeben habe.

  3. Fair miteinander umzugehen sollte immer Vorrang haben bei Diskussionen. Dass dies bei dieser Podiumsdiskussion gelungen ist, macht doch Mut, so weiterzufahren. Als Christen sollten wir unsere Ansichten nicht verwässern sondern “ mit entwaffnender Freundlichkeit“ weitersagen. Vielleicht ist es mit ein Grund der verhärteten Fronten zwischen Medien und christlichen Ansichten, dass es etliche „sture und besserwisserische “ Christen gibt, die meinen, sie hätten Gottes Wort gepachtet. Mit Liebe und Barmherzigkeit den Andersdenkenden zu begegnen könnte ein guter Nährboden für faire Begegnungen sein. Dies in die Gesellschaft einzubringen sollte unser Ziel sein, zumal wir einen Gott haben, der uns treu zur Seite steht, wenn wir IHM treu verbunden sind. Wir sollen Salz sein, aber zu viel Salz sprich : Besserwisserei, schadet nur! Laßt uns Menschen auf Augenhöhe begegnen, liebevoll mit ihnen umgehen, ganz gleich welcher Couleur sie sind und wir werden dabei durch unser Gebet für sie Offenheit und vielleicht auch Wunder erleben!

  4. eine wichtig Diskussion um für eine faire und objektive Berichterstattung zu werben. Die Diskussion zeigt aber auch wie schwer sich mittlerweile unsere Gesellschaft tut christliche „konservative“ (im positiven Sinne) Standpunkte zu akzeptieren.

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