Liebe Frau von Rönne!

FaireMedien-Kommentator Josef Bordat spricht Welt-Autorin Ronja von Rönne seine Solidarität aus. Von Rönne hat Morddrohungen erhalten, weil sie sich in einem Welt-Kommentar kritisch mit dem Netzfeminismus auseinandergesetzt hat. Verursacht hatte die Erregung gegen von Rönne, die in der Morddrohung gipfelte und die Autorin zur Schließung ihres Blogs veranlasste, u.a. die tagesschau-Journalistin Anna-Mareike Krause mit einem unfairen Tweet bei Twitter. Bordat bedauert, dass Menschen wie Anna-Mareike Krause ihre mediale Macht nutzen, um andere Menschen zu zerstören.

Liebe Frau von Rönne!

Ich kenne Sie nicht und Sie kennen mich vermutlich auch nicht. Dennoch geht mir das, was Ihnen derzeit widerfährt, sehr nahe. Daher schreibe ich Ihnen diese Zeilen. Ich tue dies in Form eines Offenen Briefes, weil ich glaube, dass einige der Leserinnen und Leser dieses Blogs ähnlich empfinden, und auch, weil ich denke, dass es eine öffentliche Angelegenheit ist, wenn eine Autorin mundtot gemacht wird. Und genau das ist in Ihrem Fall geschehen.

Es geht mir nicht so sehr um die Inhalte; Feminismus ist einfach nicht mein Thema. Es geht mir darum, wie Diskurse in Deutschland laufen. Früher galt: Ein kluges Wort, und schon bist du Kommunist. Heute ist man eben homophob. Oder Nazi. Das geht immer. Und es endet mit Morddrohungen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich dieser vorzivilisatorische Umgang mit Andersdenkenden ärgert!

Ich habe – auf Sparflamme – ähnliche Erfahrungen machen müssen. Kollegen, mit denen ich jahrelang gut zusammenarbeiten konnte, haben jeglichen Kontakt abgebrochen, ohne auf Nachfrage sagen zu können, was genau Ihnen an “Dein Blog” missfiel, welchen Positionen sie konkret widersprechen und aus welchen Gründen sie dies tun. Mittlerweile ist mir klar, dass es darum gar nicht geht: in der Sache nach Wahrheit zu suchen. Nicht immer das Schlechteste zu unterstellen. Zu differenzieren. Vor dem Urteil nachzufragen. Nachzudenken. Das war einmal.

Es ist geradezu naiv anzunehmen, dass Menschen, die mediale Macht haben, um andere Menschen zu zerstören, diese nicht auch nutzen, sobald ihnen eine Meinung missfällt, und stattdessen in mühsame Sachdebatten einsteigen. Wozu auch? Das Problem lässt sich ja auch anders beheben. Vielmehr: Es lässt sich beseitigen. Virtuelle Säuberung. Es ist die unbändige Lust am Zerstören-Können, die nirgendwo deutlicher zu Tage tritt als im Internet.

Das alles wissen Sie und es wird Ihnen auch nicht großartig helfen, die Dinge noch einmal von mir zu hören. Aber vielleicht kann Sie die Solidarität, die ich Ihnen hiermit ausspreche, etwas darüber hinwegtrösten, dass Sie sich offenbar gezwungen sehen, Ihr Blog zu schließen. Sie sind damit Opfer brachialer symbolischer Gewalt geworden. Und das tut mir sehr Leid. Als Blogger. Als Demokrat. Als Mensch.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr
Josef Bordat


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