Leserbriefschreiber Klaus Hildebrandt beschwert sich bei der Süddeutschen Zeitung, dass sie bisher in der Causa Markus Hollemann keinen einzigen SZ-kritischen Leserbrief abgedruckt habe. Die Medien hätten im Fall Hollemann eine dubiose Rolle eingenommen.
Viele der unveröffentlichten Kommentare und Leserbriefe hat FaireMedien.de hier publiziert.
Der Leserbrief von Klaus Hildebrandt:
Sehr geehrte Damen und Herren der Süddeutschen Zeitung,
ich möchte auf einen Vorgang zurückkommen, der mir und vielen Bürgern wohl noch lange in Erinnerung bleibt und in seiner Reichweite und Bedeutung für unser Land auch Seltenheitswert hat.
Es geht um den „Fall Hollemann“, ein Mann, der wegen seiner rein persönlichen und christlichen Überzeugung – unter maßgeblichem Hinzutun auch Ihrer Süddeutschen Zeitung – im Januar d.J. öffentlich diskreditiert, diffamiert und sogar diskriminiert wurde, indem man ihm eine CSU-gesponserte Kandidatur für die Stelle des neuen Referatsleiters für Umwelt und Gesundheit in der Münchner Stadtverwaltung streitig machte. Es besteht kein Zweifel, dass es seine Nähe zu ALFA (Aktion Lebensrecht für Alle e.V.) war, die letztendlich zum Rückzug seiner Bewerbung führte. ALFA ist Mitglied beim Bundesverband Lebensrecht (BvL) und, wie Sie hoffentlich wissen, eine seit 1997 tätige gemeinnützige Organisation, die schwangeren Frauen in Ihrer Not und Verzweiflung zu helfen versucht. Ein ehrenhaftes und unterstützenswertes Ziel, wie ich meine.
Markus Hollemann ist mir persönlich nicht bekannt und er muss es auch nicht sein. Schon die Tatsache alleine, dass man einem Menschen sein ehrenamtliches Engagement im Dienste echter Menschenrechte zum Vorwurf machte, reicht mir als Christ und Katholik allemal, ihm zur Seite zu stehen, dient sein Bekenntnis doch letztendlich dem Gemeinwohl einer ganzen Gesellschaft. Als beliebter Bürgermeister der Stadt Denzlingen hätte ich ihm – wie im Übrigen jedem anderen fähigen Bewerber auch -, den politischen Aufstieg durchaus gegönnt, wobei es sich bei der anvisierten Münchner Personalstelle doch ohnehin nur um eine administrative Funktion handelte, die sich klar an gesetzlichen Vorgaben zu orientieren hat und insofern auch kaum eigenen Gestaltungsspielraum böte. Dass Abtreibung heute immer noch verboten ist, wissen Sie. Ich frage mich immer wieder, auf welcher Grundlage sich Ihre Redakteure seinerzeit so engagiert gegen die Kandidatur einer Person einsetzten, die offen für die Interessen von Menschen in geschwächten Lebenssituationen, so beispielsweise Ungeborener, Behinderter, Gebrechlicher und Älteren eintrat. Abtreibung ist in Deutschland stark verbreitet und wohl gerade darum ein Tabuthema. Rein statistisch gesehen, dürften auch bei der Süddeutschen Zeitung eine Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich von dem Thema betroffen sein. Hollemanns Mitgliedschaft bei ALFA als fundamentalistisch darzustellen und ihm eine „Sympathie für radikale Abtreibungsgegner“ anzudichten, ist nicht in Ordnung. Mit einem schwulen Kandidaten wäre man sicherlich nicht so verfahren, im Gegenteil.
Der Vorgang machte landesweit Schlagzeilen und wurde seitdem an vielen Orten und auf vielen Ebenen diskutiert, so auch auf diversen Kongressen. Neben dem völlig undemokratischen und grob unfairen Vorgehen seiner politischen Kontrahenten, bestätigte der Fall aber auch, welch dubiose Rolle die Medien heute einnehmen. Nicht zu übersehen war auch, dass Ihre Zeitung zu diesem Vorgang keinen einzigen SZ-kritischen Leserbrief abdruckte, was nicht in Ordnung ist. Ich schäme mich für die deutsche Medienkultur und ich schäme mich für mein Land.
Ich möchte Sie bitten, diesen Beitrag ungekürzt als Leserbrief abzudrucken. Um dem Nachdruck zu verleihen, werde ich ihn auch meinerseits veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Hildebrandt